Pressemitteilung von SWAB zur Tschernobyl-Katastrophe am 26.4.1986

26.04.22 – von Babs Günter –

Sehr geehrte Redakteurinnen, sehr geehrte Redakteure,
zu Ihrer Kenntnis die Pressemitteilung des Schweinfurter Aktionsbündnis gegen Atomkraft (SWAB) anlässlich des 36. Jahrestages der Atomreaktorkatastrophe von Tschernobyl:
Der 36. Jahrestag der Atomreaktorkatastrophe von Tschernobyl ist durch Putins Angriffsfkrieg auf die Ukraine und die dort andauernden Kampfhandlungen von großer Brisanz. Neben Tschernobyl gibt es in der Ukraine weitere vier AKWs mit insgesamt 15 Reaktorblöcken. Die Atomkatastrophe von 1986 erfolgte in Friedenszeiten - mit fürchterlichen Folgen: die Kontamination mit radioaktiven Stoffen hat sich über ganz Europa ausgebreitet, Lebensmittel und Futtermittel wurden verstrahlt. Tschernobyl steht stellvertretend für enormes menschliches Leid, für generationsübergreifende gesundheitliche Folgen, für ökologische Zerstörung. Tschernobyl hat gezeigt, dass die schädlichen Auswirkungen von Atomkraft grenzüberschreitend sind. Die freigesetzten radioaktiven Stoffe haben Mensch und Umwelt geschädigt, zum Verlust von Heimat und Lebensgrundlagen geführt, zu katastrophalen wirtschaftlichen Folgen. Zu den häufigsten Erkrankungen infolge des Supergaus zählen Krebs- und Nichtkrebserkrankungen und Störungen des Erbgutes.
Die Kriegshandlungen in der Ukraine bergen das Risiko einer weiteren nuklearen Katastrophe. Atomkraftwerke sind komplexe Anlagen - gut geschultes, zuverlässiges Personal und eine funktionierende Infrastruktur sind wichtige Voraussetzungen für ihr Funktionieren.
Gleich nach Kriegsbeginn kam die verstörende Meldung, dass Tschernobyl von Russland kontrolliert wird, vom 09.03. bis zum 13.03. war Tschernobyl vom Stromnetz abgeschnitten. Um Tschernobyl werden inzwischen erhöhte Radioaktivitätswerte gemessen - durch die Kämpfe und Truppenbewegungen wird vermehrt radioaktiv belasteter Staub aufgewirbelt. Am AKW Saporischschja kam es zu einem Brand infolge eines Beschusses.
Es besteht die Gefahr, dass wegen der Kampfhandlungen das Stromnetz lahmgelegt wird, sollte auch das Notstromaggregat ausfallen, kann ein Atomreaktor nicht mehr gekühlt werden. Selbst wenn der Reaktor abgeschaltet würde, könnte er sich durch den Verlust von Kühlwasser so stark erhitzen, dass es zu Explosionen käme - vergleichbar mit Fukushima. Auch von den Abklingbecken, die mit abgebrannten Brennelementen gefüllt sind, geht Gefahr aus.
Leider sind Aggressoren nicht vernünftig - im Gegenteil, die Kriegsführung ist auf maximale Zerstörung angelegt. Putin hat tatsächlich mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht - die Auswirkungen könnten eine globale Katastrophe bedeuten. Die zivile Nutzung der Atomenergie erlaubt eine Querfinanzierung der militärischen Nutzung; beide Nutzungsbereiche sind miteinander verknüpft.
Aus Sicht des SWAB macht das Kriegsgeschehen in der Ukraine deutlich, dass Atomwaffen zur „Abschreckung“ nicht dienlich sind - und dass Atomanlagen als potenzielle Kriegsziele verstanden werden müssen.
Wir fordern Deeskalation, Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. Deutschlands Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrages ist überfällig.
Die Überlegungen und Forderungen nach einer Aussetzung des Atomausstiegs, wie sie von atomfreundlichen PolitikerInnen geäussert werden, finden wir höchst unangemessen und irritierend.

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